Die letzten warmen Sonnenstrahlen lassen die Libellen tanzen – und mein Herz hüpfen
✨ Libellen haben ein kurzes Leben.Manchmal finde ich die Überbleibsel eines dieser feenhaften Wesen. Dann freue ich mich, wenn ihre filigranen Flügel noch unversehrt sind. Sie sind winzige Kunstwerke – ihr hauchdünnes Geflecht ist zugleich zerbrechlich und erstaunlich stabil. Licht spielt darin wie in einem Miniaturglasfenster.
Ich weiß gar nicht, wie viele Libellenarten es in Mitteleuropa gibt – oder hier bei uns im Weserbergland. Die zarten Wasserjungfern bezaubern mit ihrer Farbenvielfalt und ihrem leichten Tanz entlang der Bach- und Seeufer, wo ihre Flügel im Licht flirren. Und die größeren Mosaiklibellen beeindrucken mit kraftvollem Flug, wenn sie sausend durch die Luft schwirren.
- Ausgewachsene Libellen überwintern nicht. Wenn der Sommer vorbei ist, sterben die erwachsenen Tiere.
- Überwintert wird nur im Larvenstadium in Bächen, Teichen und Seen. Dort verharren sie im Schlamm oder zwischen Wasserpflanzen, bis sie im nächsten Frühjahr oder Sommer schlüpfen.
- Je nach Art dauert dieses Larvenstadium ein bis drei Jahre. Manche Arten brauchen sogar noch länger, bevor sie sich zur fertigen Libelle entwickeln.
- Ganz selten überstehen Libellen ein paar kühle Tage als Erwachsene (Imago heisst das letzte Entwicklungsstadium bei Insekten), aber Frost überleben sie nicht.
Auf den Wegen sammle ich neben all den Pflanzenresten, Knospen, Gräsern und Samen auch die unterschiedlichsten Zivilisationsreste – hier mal ein Papierchen, da ein Plastikteilchen. Auch Bonbonpaper liegt herum. Neben den Libellenflügeln finden sich weitere Überbleibsel des Sommers: Hier mal Kartoffelkäfer mit hübsch gestreiften Flügeldecken – mit seinen eleganten Streifen will er bestimmt von seinem riesigen Appetit ablenken – Längsstreifen machen ja bekanntlich schlank.
Den ein oder anderen Marienkäfer sammle ich ebenfalls leblos auf. Die verschiedenen Marienkäferarten überwintern zwar, aber auch ihr Leben ist schnell zu Ende. Die Chipkarte fügt sich nicht ganz nahtlos in den Libellenflügel ein – soll sie auch nicht – dafür ist ihr Geäst aus Leiterbahnen nicht filgran genug. Mit gefällt der Kontrast zwischen dem Hightech – Informationsträger und dem hauchzarten Naturwunder des Libellenflügels.
Der Sommer ist voller Erinnerungen an ein Summen und Sausen, an berauschende Blütendüfte, Farben und warme Sonnenstrahlen. Und schon ist er wieder vorbei. Was bleibt, ist die Freude auf ein Wiedersehen. Der Reiz liegt ja schließlich im Wechsel und in der Vergänglichkeit. Meine Arbeiten erzählen diese wandelhaften Geschichten. Darum sind hier nicht nur echte Libellenflügel verewigt, sondern auch kleine Fundstücke, die von unserem menschlichen Alltag erzählen. Der kleine blaue Kontrollzettel z.B. lag genauso irgendwo in der Landschaft wie die verarbeiteten Gräser im Bild. Wer weiß, wer mit seinem gerade frisch erworbenen Sommer T-Shirt an der Fundstelle einen Spaziergang genossen hatte – der Aufkleber hat sich ganz unbemerkt aus dem Kleidungsstück gelöst und ist davon geflattert, um auf dem Bürgersteig kleben zu bleiben. Seine zerkratzte Oberfläche lässt vermuten, dass weitere Fußgänger dafür sorgten, dass das Zettelchen noch fester kleben bleiben konnte. Diese Türkisblau des Zettelchens erinnert an die strahlenden Farben der großen Mosaiklibelle. Und auch das kleine rote Schnipselchen Bonbonpaper – es gehört ins Bild. So fügen sich Erinnerungen zusammen zu neuen Geschichten, die erzählt, betrachtet, bedacht und bezeugt werden wollen. Denn nur mit unserem Hinsehen finden sie überhaupt erst statt. Andernfalls gilt wie immer: In dieser Collage findet sich nichts von großartiger Bedeutung.
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